Erweiterter Umgang oder Wechselmodell

Welche Folgen ergeben sich hieraus auf die Berechnung von Kindesunterhalt?

Familienrecht

Bei der Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt ist eines sicher, es genügt nicht einfach zu sagen „ Ich betreue das Kind mehr als üblich, also kann ich den Unterhalt kürzen“.

Wichtig ist in jedem Fall erstmal festzustellen, ob ein „echtes“ Wechselmodell praktiziert wird oder ob lediglich ein erweiterter Umgang und damit ein „unechtes“ Wechselmodell vorliegt. Nicht jeder Wechsel in der Betreuung erfüllt die Vorgaben des Wechselmodells, ein echtes Wechselmodell kann vielmehr nur dann angenommen werden, wenn beide Elternteile nahezu gleichermaßen Betreuungsleistungen erbringen. Die Grenze zum unechten Wechselmodell wird nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann überschritten, wenn die jeweiligen Betreuungsleistungen mehr als 10 % vom rechnerischen Mittel abweichen und das Kind im Verhältnis von 40 zu 60 betreut wird.

Kennzeichnend für ein echtes Wechselmodell ist zudem, dass sich beide Elternteile um die Belange des Kindes kümmern, also beide es als Ihre Aufgabe betrachten, sich um Schule, medizinische Betreuung und Freizeitgestaltung zu kümmern und als Ansprechpartner für das Kind und für z.B. Lehrer zur Verfügung zu stehen.

Hier schließt sich dann die Frage an, welche Konsequenzen ein echtes Wechselmodell auf die Unterhaltspflicht der Eltern hat. Sobald ein minderjähriges Kind im Residenzmodell betreut wird, d. h. seinen Lebensmittelpunkt bei einem Elternteil hat und den anderen Elternteil lediglich regelmäßig besucht, ist davon auszugehen, dass der betreuende Elternteil seine Unterhaltspflicht bereits durch die Betreuung des Kindes erfüllt und der andere Elternteil entsprechend den Vorgaben der Düsseldorfer Tabelle zur Zahlung von Barunterhalt entsprechend seiner Einkommensverhältnisse verpflichtet ist. Auch beim echten Wechselmodell richtet sich die Frage, in welcher Höhe Elternteile Unterhalt für das Kind leisten müssen, nach ihren Einkommensverhältnissen. Allerdings kann sich in diesem Fall kein Elternteil darauf berufen, dass er infolge der Pflege-und Erziehungsleistung seine Unterhaltsverpflichtung bereits erfüllt. Dies hat zur Folge, dass grundsätzlich beide Elternteile im echten Wechselmodell unterhaltspflichtig sind.

Auch im echten Wechselmodell ist auf die Düsseldorfer Tabelle zurückzugreifen. Für den Unterhaltsbedarf des Kindes sind hierbei zunächst die Gesamteinkünfte beider Elternteile zu ermitteln. Hieraus ergibt sich dann anhand der Düsseldorfer Tabelle der Unterhaltsbedarf des Kindes. Eventuell ist hierauf noch ein Mehrbedarf des Kindes beispielsweise für zusätzliche Kosten in Form von Fahrten hinzuzuaddieren. Anschließend ist dann der so ermittelte Unterhaltsbedarf auf beide Elternteile aufzuteilen. Dies geschieht jedoch nicht etwa hälftig, sondern im Verhältnis der beiden Einkünfte der Eltern zueinander. Die zu zahlenden Anteile werden prozentual in Relation gesetzt. Dies bedeutet, dass derjenige der mehr verdient auch mehr zum Barunterhalt des Kindes beitragen muss. Das Kindergeld wird hierbei beiden Elternteilen jeweils zur Hälfte angerechnet; je nachdem wer das Kindergeld bezieht ist auf dieser Basis eine abschließende Berechnung vorzunehmen. Diese kann sich im Einzelfall durchaus sehr schwierig gestalten. Für diese Art der Unterhaltsberechnung ist allerdings zwingend Voraussetzung, dass beide Elternteile anteilig auch Kosten für Kleidung, Schulbedarf o. ä. beisteuern und sich über die Bedürfnisse des Kindes einig sind.

Insoweit ist auch immer über alternative Modelle nachzudenken, beispielsweise die Führung eines sogenannten Kinderkontos welches anteilig entsprechend der Einkünfte „gefüttert“ wird und ausschließlich für Belange des Kindes verwandt wird.

Soweit kein echtes Wechselmodell vorliegt sondern lediglich von einem erweiterten Umgang auszugehen ist, findet die oben dargestellte Berechnung keine Anwendung. In diesen Fällen bleibt es grundsätzlich bei der vollen Unterhaltsverpflichtung des umgangsberechtigten Elternteils. Allerdings darf nicht verkannt werden, dass durch erweiterten Umgang beim Umgangsberechtigten zusätzliche Kosten zum Beispiel für Verpflegung entstehen und sich auch Mehrkosten beispielsweise durch Fahrtkosten und erhöhte Wohnkosten ergeben.

Zumeist wird hier dem reinen Mehraufwand, der nicht unmittelbar dem Kinde zugute kommt, dadurch Rechnung getragen, dass der Kindesunterhalt aus einer niedrigeren Einkommensstufe der Düsseldorfer Tabelle als der eigentlich zutreffenden Stufe entnommen wird. Hinsichtlich der dem Kind unmittelbar zugute kommenden Zusatzkosten (z.B. Verpflegung, Kleidung) können auch diese im Einzelfall pauschal in einer weiteren Herabstufung in der Düsseldorfer Tabelle erfolgen. Alternativ kommt im Einzelfall auch eine Kürzung des Barunterhaltsbetrages um die Kosten in Betracht, die der andere Elternteil durch die häufigen Umgänge tatsächlich erspart. Dies kommt vor allem dann in Betracht, wenn vom Umgangsberechtigten auch laufende Kosten wie Schulbedarf und Kleidung mit übernommen werden.

Als Fazit lässt sich jedoch festhalten, dass alle Formen von Wechselmodellen keine Selbstläufer sind. Sie müssen im gegenseitigen Einvernehmen mit dem Kind auch gelebt werden, anderenfalls kann keine Form des Wechselmodells praktiziert werden und unterhaltsmäßig auch nur ansatzweise gerecht erfasst werden.

Die vorstehenden Ausführungen zeigen, eine einfache und pauschale Berechnungsweise gibt es nicht. Will man daher in allen Fällen des Wechselmodells unnötigen Streit über den Unterhalt vermeiden ist es ratsam, durch fachkundige anwaltliche Beratung rechtzeitig eine auf den Einzelfall abgestellte, gerechte und am Kindeswohl orientierte Lösung zu finden.

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