Nachbarschaftsrecht ein kurzer Überblick

allgemeines Zivilrecht

I.

Mit wenigen Ausnahmen hat es jeder … einen Nachbarn. Entweder wohnt dieser links, rechts, obendrüber, untendrunter und … in den eigenen 4 Wänden, denn auch man selbst ist in solchen Fällen schließlich ein Nachbar.

Alle Nachbarn haben eines gemeinsam, nämlich, dass sie nichts gemeinsam haben!

Denn jeder hat seine eigenen Vorstellungen vom Wohnen, seine familiäre Struktur, Gewohnheiten und Vorlieben, Haustiere oder auch nicht. Der eine mags wild, der andere geordnet. Der eine hört gerne Musik, der andere liest lieber ein Buch. Vielen lieben ihren Garten, andere aber auch nicht. Besuch hat in der Regel jeder gerne, dann wird im Sommer gegrillt und gelacht, was dazu führt, dass es lauter wird. Die Liste könnte an dieser Stelle sicherlich beliebig fortgeführt werden.

Diese Unterschiedlichkeit von Nachbarn hat zur Folge, dass es auch zu Konflikten kommt. Schließlich muss man nicht jedes Verhalten seines Nachbarn für gut befinden, wozu dann auch das eigene Verhalten manchmal gehören dürfte. Und dies darf man nicht vergessen.

Vor dem Hintergrund lautet die Prämisse bei einem Nachbarschaftsstreit, stets zu versuchen, den Konflikt am besten bei einem Getränk auf der Terrasse oder im Wohnzimmer zu lösen. Denn man sollte sich vergegenwärtigen, dass ein Nachbar nicht einfach verschwindet.

Es gibt aber Gesetze und Grenzen, die das nachbarschaftliche Zusammenleben regeln. Ein wesentliches Regelwerk bildet hier das Nachbarrechtsgesetz NRW aber auch das Bürgerliche Gesetzbuch. Insbesondere, wenn das eigene Eigentum beeinträchtigt wird, hat man Ansprüche auf Beseitigung oder Unterlassung.

  1. Bäume, Sträucher, Hecken

Die wesentlichen Regelungen finden sich hier im Nachbarrechtsgesetz und im BGB. Für Bäume, Sträucher und Hecken gibt es Abstandsvorschriften zur gemeinsamen Grundstücksgrenze. Handelt es sich nicht um eine gemeinsame Grenzeinfriedigung auf der Grundstücksgrenze, müssen Hecken beispielhaft mindestens 50 cm – gemessen von deren Außenseite – von der gemeinsamen Grundstücksgrenze entfernt bleiben. Für Bäume gilt ein Abstand von mindestens 2 m. Bei Sträuchern und Obstgehölzen kann es auch mal weniger sein. Dies ist individuell zu prüfen.

Wichtig ist, dass es eine Ausschlussfrist gibt, bis wann die Beseitigung einer Bepflanzung, welche nicht die gesetzlichen Abstände einhält, verlangt werden kann. Diese beträgt 6 Jahre. Danach wird es mit einer Beseitigung schwer.

Hingegen hat man immer einen Anspruch auf Beseitigung über der gemeinschaftlichen Grenze hängender Äste und Zweige, wenn diese die Benutzung des Grundstücks beeinträchtigen.

Im Ernstfall kann auch eine „Laubrente“ in Betracht kommen, wenn beispielhaft eine Beseitigung des Gehölzes nicht mehr beansprucht werden kann, die Beeinträchtigungen des eigenen Grundstücks jedoch so umfangreich sind, dass eine finanzielle Kompensation angemessen ist.

  1. Licht

Nicht geschützt ist der ungehinderte Lichteinfall auf das eigene Grundstück. Das bedeutet, ein Nachbar kann nicht bereits deswegen belangt werden, weil er (unter Einhaltung der Abstandsvorschriften) eine Pflanze auf sein eigenes Grundstück setzt, die beispielhaft die eigene Terrasse beschattet, oder eine Hecke, welche zur Beschattung eines Beets oder Rasens führt.

Hingegen hat man Unterlassungsansprüche, wenn Strahler des Nachbarn das eigene Haus beleuchten.

  1. Lärm, Gerüche, Rauch usw.

Lärm, Dampf, Gerüche und Rauch, aber auch Erschütterungen, gehören zu den sogenannten „unwägbaren Stoffen“. Klassiker für Nachbarschaftsstreitigkeiten ist das Rauchen auf der Terrasse, das tägliche Grillen oder lautes Musikhören.

Hierfür gibt es auch spezielle Regelungen, die unter anderem im Landesimmisionsschutzgesetz NRW festgelegt sind.

Diesbezüglich ist nicht ganz einfach festzustellen, was erlaubt ist und was nicht. Werden Grenzwerte überschritten, liegt eine wesentliche Beeinträchtigung vor und vom Nachbarn kann gefordert werden, dies zu unterlassen. Im Zweifel muss ein Gutachten eingeholt werden, da die eigene Nase kaum in der Lage sein wird, diese Grenzwerte festzustellen.

Für Lärm gilt insbesondere die Ruhe zur Nachtzeit zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr.

  1. Wasser

Für Wasser gilt eindeutig: das auf dem eigenen Grundstück anfallende Oberflächenwasser ist auch auf dem eigenen Grundstück zu entsorgen.

Das bedeutet, dass Vorrichtungen zu schaffen sind, wo das Regenwasser versickern kann oder in die öffentliche Kanalisation abgeleitet wird, bevor es auf das Grundstück des Nachbarn hinüberläuft.

 

  1. unterschiedliche Grundstückshöhen

Für Bodenerhöhungen gilt die Pflicht diese so zu errichten, dass eine Schädigung des Nachbargrundstücks ausgeschlossen ist, etwa durch Einhaltung eines ausreichenden Abstandes oder Stützmaßnahmen.

Hin und wieder kommt es im Zusammenhang mit unterschiedlichen Grundstückshöhen auch zu Problematiken bei der Errichtung eines Zauns. Hier gilt in erster Linie, dass die Höhe des Zauns vom „gewachsenen Boden“ aus gemessen wird. Erhöht der Nachbar sein Grundstück folglich um 1 m, darf er darüber nicht noch einen 2 m hohen Betonzaun errichten. Umgekehrt: wenn der tiefer gelegene Nachbar, beispielhaft aus Sichtschutzgründen, einen Zaun errichtet, der für den höher gelegenen Nachbarn nicht höher als 2 m ist, wird dies wohl möglich sein.

Es bedarf allerdings auch immer der Einzelfallbetrachtung.

II.

Sollte es zwischen Nachbarn zu einem Streit kommen ist das wichtigste, eine ausführliche Dokumentation der Beeinträchtigungen durchzuführen, entweder durch Fotos oder handschriftliche Notizen. Denn insbesondere die Darlegung von Lärm oder Geruchsbelästigungen ist häufig schwierig. Bevor sich ein Gericht mit Nachbarschaftsstreitigkeiten befasst ist zudem ein obligatorisches Schlichtungsverfahren durchzuführen.

Sollten Sie Probleme im Nachbarschaftsrecht haben, wenden Sie sich vertrauensvoll an ihren Anwalt.

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