Trotz Enterbung Pflichtteilsanspruch?

Arbeitsrecht

Wann liegt überhaupt eine Enterbung vor? Von einer Enterbung spricht man, wenn eine Person, die zu den gesetzlichen Erben gehört, durch ein Testament oder eine anderweitige letztwillige Verfügung von der Erbfolge ausgeschlossen ist. Dies kann entweder ausdrücklich durch den Ausschluss dieser Person erfolgen oder indirekt dadurch geschehen, dass eine oder mehrere andere Personen als Erben eingesetzt werden. Auch das vielfach verbreitete “Berliner Testament“ stellt damit beim Tod des Erstversterbenden Elternteils eine Enterbung der Kinder dar.

Oft schließt sich hieran die Frage an, ob gegen die Enterbung als solche etwas getan werden kann. Grundsätzlich kann jeder Erblasser frei entscheiden, wen er als Erben einsetzen will. Man spricht von der sogenannten Testierfreiheit. Die Unwirksamkeit einer Enterbung oder Anfechtbarkeit kommt jedoch dann in Betracht, wenn es an der erforderlichen Testierfähigkeit des Erblassers fehlt, ein Formmangel vorliegt oder aber eine letztwillige Verfügung gegen eine frühere bindende Verfügung verstößt.

Nicht jeder Enterbte muss jedoch leer ausgehen. Das Gesetz sieht vor, dass engsten Angehörigen im Falle der Enterbung ein Pflichtteilsrecht zusteht. Pflichtteilsberechtigt sind Abkömmlinge des Erblassers, der Ehe-/Lebenspartner und – sofern keine Abkömmlinge vorhanden sind – auch die Eltern. Kein Pflichtteilsrecht steht Geschwistern und anderen weiter entfernten Verwandten des Erblassers zu.

Ein Pflichtteilsanspruch besteht in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils, d. h. in Höhe der Hälfte dessen, was die enterbte Person ohne den Ausschluss von der Erbfolge erhalten hätte. Es muss daher stets fiktiv zunächst der gesetzliche Erbanspruch ermittelt werden. Hierbei ist sowohl der Güterstand des Verstorbenen als auch die Zahl der Abkömmlinge von Bedeutung. Anders als beim Erbanspruch handelt es sich beim Pflichtteilsanspruch jedoch nur um einen reinen Zahlungsanspruch.

Vielfach stellt sich ferner die Frage, wie der Wert des Nachlasses ermittelt werden kann. Hierzu ist es wichtig zu wissen, dass Pflichtteilsberechtigte gegen den Erben bzw. die Erbengemeinschaft einen Anspruch auf Auskunftserteilung zum Bestand des Nachlasses zum Todeszeitpunkt haben. Der oder die Erben sind verpflichtet, ein geordnetes Nachlassverzeichnis über sämtliche Vermögenswerte und Verbindlichkeiten zu erstellen und entsprechende Belege vorzulegen. Der Pflichtteilsberechtigte kann auch die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses verlangen.

Sofern im Nachlass Vermögenswerte vorhanden sind, deren Bewertung sich nicht ohne weiteres erschließt (zum Beispiel eine Immobilie) besteht auch ein Wertermittlungsanspruch, d. h. ein Anspruch auf Einholung eines Sachverständigengutachtens. Die Kosten hierfür fallen dem Nachlass zur Last, der Pflichtteilsberechtigte ist an den Wertermittlungskosten folglich in der Höhe der Quote seines Pflichtteilsanspruchs beteiligt.

Oftmals stellt sich auch heraus, dass Vermögenswerte vom Erblasser bereits vor seinem Tod verschenkt wurden, beispielsweise wurde eine Immobilie bereits im Vorfeld übertragen. Hieraus können sich sogenannte Pflichtteilsergänzungsansprüche ergeben. In der Regel sind Schenkungen innerhalb der letzten 10 Jahre vor dem Erbfall zu berücksichtigen; in Ausnahmefällen können auch frühere Schenkungen von Bedeutung sein. Grundsätzlich ist jedoch eine Abschmelzung vorzunehmen, für jedes Jahr, welches die Schenkung zurückliegt, ist diese um 10 % weniger zu berücksichtigen. Je länger die Schenkung daher zurückliegt, desto geringer ist auch der bei der Berechnung zu berücksichtigende Wert.

Sowohl Pflichtteils- als auch Pflichtteilsergänzungsansprüche sind grundsätzlich gegen den oder die Erben zu richten. Nur in Ausnahmefällen kann der Pflichtteilsergänzungsanspruch auch von der beschenkten Person verlangt werden, sofern der Nachlass für eine Erfüllung nicht ausreicht.

Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche kommen auch dann in Betracht, wenn eine Person zwar geerbt hat, sein Erbteil wertmäßig aber unterhalb des Pflichtteilsanspruchs liegt. In Höhe der Differenz steht dieser Person dann ein Zusatzpflichtteil oder Pflichtteilsrestanspruch zu. Hier sind vielfältige Fallgestaltungen denkbar.

Alle Ansprüche auf Pflichtteil oder Pflichtteilsergänzung wie auch die vorgelagerten Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche sind direkt gegenüber dem Erben bzw. der Erbengemeinschaft geltend zu machen. Die Ansprüche gegenüber den Erben verjähren binnen 3 Jahren ab dem Schluss des Jahres, in dem die berechtigte Person Kenntnis vom Erbfall und seiner Enterbung erlangt hat. Fristende ist damit stets der 31. Dezember des Jahres. Im Gegenzug hierzu verjähren Pflichtteilsergänzungsansprüche gegenüber den Beschenkten kenntnisunabhängig und taggenau binnen 3 Jahren ab dem Erbfall.

Eine fachkundige anwaltliche Beratung ist in allen Fällen anzuraten.

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